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Die Aufstellung neuer Truppenteile sowie die Einführung moderner Technik wie z.B. der Panzertruppe als eigenständige Waffengattung und schließlich die Erprobung richtungsweisender Taktiken forderte nicht nur eine Vielzahl neuer Kasernenanlagen sondern auch Übungsplätze für die noch junge deutsche "Wehrmacht", wie die Armee nun genannt wurde. |
Schon früh hatte das IX. Armeekorps, in dessen Bereich auch das damalige Mainfranken lag, einen Mittelgebirgsübungplatz gefordert. Im dem Bereich zwischen Gersfeld und Bad Brückenau meinte man das ideale Areal gefunden zu haben, weshalb das Oberkommando der Wehrmacht schon 1936 ein Gebiet von ca. 7000 ha., das teilweise sogar auf hessischem Boden lag, aufkaufte. Sogleich wurde mit den Planungen für ein Truppenlager sowie die Übungseinrichtungen begonnen.
Im Bereich des künftigen Truppenübungsplatzes lagen eine Anzahl von Ortschaften, die durch die RuGes (Reichsumsiedlungsgesellschaft) umgesiedelt wurden, d.h. sie erhielten finanzielle Entschädigungen bzw. einen neuen Hof in einer der umliegenden Gemeinden. Bereits im Herbst 1936 wurde mit den Vermessungsarbeiten für das Truppenlager begonnen. Das ausgewählte Gelände wies einen beträchtlichen Höhenunterschied auf. Die Planung sah die Errichtung eines Lagers für 9000 Mann sowie 1500 Pferde vor. Im Frühjahr 1937 schließlich waren die Planungen soweit gediehen, dass mit dem Bau begonnen werden konnte. Neben den Hoch- und Tiefbauten im eigentlichen Lagerbereich entstand auch eine Brücke über die Reichsstraße 287 sowie eine Wohnsiedlung für Wehrmachtsbedienstete im Anschluß an den eigentlichen Ort Wildflecken. Besonderes "Markenzeichen" des Truppenlagers Wildflecken war, daß die riesige Anlage praktisch in den Wald hineingebaut wurde, d.h. es wurde kein Baum mehr als unbedingt erforderlich gefällt. Diesem Umstand ist es wohl zu verdanken, dass das Lager bis in die letzten Tage des Krieges der feindlichen Luftaufklärung entzogen war. Nach nur einjähriger Bauzeit wurde das Truppenlager Wildflecken im April 1938 seiner Bestimmung übergeben. Etwa 9.000 Arbeitskräfte hatten in 3 Schichten, rund um die Uhr gearbeitet um dieses Ziel zu erreichen. Eine Leistung, die angesichts ihrer Komplexität was Baustellenlogistik, Organisation und der damals zur Verfügung stehenden Technik betrifft, noch heute hohen Respekt verdient.
Ebenfalls im Frühjahr 1938 wurde der Truppenübungsplatz durch die Abgabe des "ersten Schußes" eingeweiht. Diesen ersten Schuß feuerte eigenhändig General der Artillerie Dollmann ab, der damals Kommandeur des IX. Armeekorps war. Heute noch markiert ein Gedenkstein den Ort des Geschehens. Zur Unterbringung eines Teiles der Arbeiter wurde unterhalb des Truppenlagers ein Barackenlager errichtet. Nach Beeindigung der Bauarbeiten wurde es jedoch nicht abgebaut sondern diente während des Krieges zur Unterbringung von Kriegsgefangenen die zu Bauarbeiten auf dem Truppenübungsplatz eingesetzt waren. |
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by Heinz Leitsch |